Posts Tagged 'Ethik'

Bellas Auge und die Tierärzte V.

Zum 1.Teil
Zum 2. Teil
Zum 3. Teil
Zum 4. Teil

Sind wir blauäugig! 😦

Hatten wir bisher noch vermutet, dass die Ärztin ein Spot-On-Präparat gegen Aussenparasiten in Bellas Nacken geträufelt hatte, brachte uns Herr Mayers Anruf am Abend die totale Ernüchterung.

Advocate heißt das Mittel. Das ist von Bayer.“

Jawoll!

Dieses Mittel wird als die pharmazeutische Wunderwaffe schlechthin gegen Flöhe, Ohrmilben, Sarcoptes-Räude, Demodikose und Haarlinge angepriesen. (Warum eigentlich nicht gegen Zecken?)

Aber nicht nur gegen diese. Auch bestimmte Arten von Herz- und Lungenwürmern, sowie Nematoden, Spulwürmer, Hakenwürmer und Peitschenwürmer im Magen-Darmtrakt sollen vergiftet werden. (Und was ist mit Bandwürmern?)

Nun gut, all diese Parasiten sind prächtig geeignet, Ängste zu schüren. Abhilfe bringt der Inhalt einer Plastikpipette, der in den Nacken des Tieres geträufelt wird. Das wiederum bereitet mir Angst. Der behandelnde Tierarzt braucht keine Diagnose zu stellen. Er verkauft den Giftcocktail als Rundumschlag gegen alle parasitären Eventualitäten. Der Tierbesitzer gibt seine Verantwortung an eine Plastikampulle mit Chemie ab und kann sich beruhigt zurück lehnen?

Den Beipackzettel liest er gar nicht erst, das macht er bei seinen, vom Hausarzt verschriebenen Medikamenten ja auch nicht. Dabei sollten beim Studium dieser Lektüre Fragen auftauchen, wenn man unter den Absatzüberschriften:

Indikationen
Anwendungseinschränkungen
Unerwünschte Wirkungen

nachliest.

Bequemlichkeit und Gier nach Geld haben in Heilberufen nichts zu suchen. Was kommt nach der freizügigen Gabe von Breitbandantibiotika und Breitbandziden? Chemotherapie für alle?!

In Bellas Fall gab es gar keinen Grund, dieses Mittel anzuwenden. Bei ihrer Vorgeschichte sollte der Hinweis, das Präparat nicht bei kranken, geschwächten Hunden einzusetzen, dem Tierarzt zu denken geben und ihn davon abhalten, es zu applizieren. Wenige Stunden nach einer Operation, wenige Zentimeter von der Operationsstelle, sowieso!

Warum man die Entgiftungsorgane des Hundes, die soeben Höchstleistungen zu vollbringen haben, um die Narkosemittel abzuarbeiten, zusätzlich und ohne zwingende Indikation mit den Giften aus Advocate belastet, erschließt sich mir überhaupt nicht.

Macht sich ein behandelnder Arzt keinerlei Gedanken darüber, wie sich ein Mittel wie Advocate, das all die oben beschriebenen Wirkungen haben soll, auf die Darmflora und damit auf das Immunsystem auswirkt?

Warum soll das Mittel alle vierzehn Tage eingesetzt werden, wenn der Hersteller eine vierwöchige Gabe vorschlägt? Kann es sein, dass sich bereits Resistenzen gebildet haben? Ich hörte von einer Tierärztin in Süddeutschland, dass Bayers Pharmareferenten beim Besuch der Praxen mündlich empfehlen, die Abstände zwischen den Anwendungen zu halbieren.

Es sollte schlichtweg verboten sein, Medikamente ohne vorhergehende Diagnose zu verordnen. Auch vorbeugende Maßnahmen sollten stichhaltig begründet werden müssen.

Kurz: Ethik sollte -besonders in Heilberufen- Mammon übergeordnet sein.

Schade, diese Praxis hat fachlich, die Operation des Entropiums betreffend, hervorragende Arbeit abgeliefert. Der weitere Umgang mit dem Patienten, dem Patientenbesitzer und somit dem von mir erteilten Auftrag entsprach allerdings überhaupt nicht den Erwartungen.

Dabei könnte eine Zusammenarbeit so einfach und für alle Beteiligten hilfreich sein!

Moral in unserer heutigen Gesellschaft

Herr Teddy schrieb einen Kommentar zu meinem Artikel Pferdefleisch, den ich aufgreifen moechte, um noch einmal etwas ausfuehrlicher auf die von ihm angesprochene Moral in unserer heutigen Gesellschaft einzugehen.

Vergleiche zwischen frueher und heute sind durchaus legitim.

Sie zeigen uns viel über uns und unsere Einstellung zu Tieren und speziell zu Schlachttieren.

Weit verbreitet war es frueher, dass man sich auf dem Lande ein oder mehrere Schweine hielt. Sie frassen die Abfaelle, die bei der Zubereitung des Essens anfielen – Kartoffelschalen, Kohlstruenke, Brotreste. Zusaetzlich wurden sogenannte Schweinekartoffeln gekocht, runzelige, kleine Kartoffeln, die sich in der Kueche nicht gut verarbeiten liessen.
Getreideschrot wurde dem Schweinefutter zugegeben. Das Schwein galt als Allesfresser, Industriefutter war praktisch unbekannt.

Das Hausschwein musste nicht in kuerzester Zeit gemaestet werden und wurde traditionell an einem kalten Wintertag an Ort und Stelle geschlachtet. Auch das unter bestmoeglicher Vermeidung von Stress fuer das Tier, wohl wissend, dass Stresshormone den Schinken verderben.

Die ganze Familie half bei diesem Schlachtefest mit und die Nachbarschaft wurde mit Pingelwuersten versorgt. Vom Schwein wurde alles verarbeitet, der Schinken hatte Zeit zum Reifen und wurde zu Pfingsten angeschnitten.

Damals war es selbstverstaendlich, die Schweine gut zu behandeln, wusste doch jeder, dass sich das positiv auf den Gesundheitszustand, das Wachstum und die Fleischqualitaet auswirkte.

Ich will hier nicht die gute alte Zeit verklaeren, immer schon gab es verrohte Menschen, die Tiere quaelten. Allerdings herrschten auch andere Gesellschaftsstrukturen als heute, so dass diese regelmaessig im Abseits landeten. Hatten sie beruflich mit Tierzucht oder -mast zu tun, standen Misserfolge ins Haus, der Hof geriet schnell in die Insolvenz.

Heute werden schlechte Haltungsbedingungen bis zu einem gewissen Mass durch medikamentoese Behandlungen kaschiert, zudem ist die Mastdauer auf wenige Monate begrenzt, will sagen, dass einige gesundheitliche Probleme in dieser Zeit gar nicht gewuerdigt werden, sie zaehlen nicht, was den Fleischzuwachs angeht. 😦

Ueber Fleischqualitaet muessen wir hier wohl nicht sprechen, was zaehlt, ist Quantitaet und Preis. 😦

So habe ich jetzt auch den Bogen zu unserer Tierheilpraxis geschlagen. Wir reden uns den Mund fusselig, um Tierhaltern klar zu machen, wie wichtig es ist, ihren Tieren artgerechte Haltungsbedingungen und eine artgerechte Fuetterung zukommen zu lassen. Wichtig fuer ihr Wohlergehen.

Schlimm, wie es die Futtermittelindustrie in den letzten paar Jahrzehnten geschafft hat, den Tierbesitzern zu suggerieren, dass sie ueberhaupt nicht in der Lage sind, die Verantwortung fuer eine gesunde Tierfuetterung zu uebernehmen.

Ja, in der Tat haben sich die Zeiten geaendert.

Es gibt keine Ackerpferde mehr, fuer deren optimalen Gesundheitszustand der Bauer zu sorgen hatte, schon allein deshalb, weil die Existenz seines Betriebes davon abhing. Selbstverstaendlich durfte das Pferd geschlachtet werden, nicht zuletzt, damit von den paar Talern, die der Verkauf an den oertlichen Rossschlachter erbrachte, Investitionen getaetigt werden konnten.

Heute werden die lieben Haustiere verhaetschelt und mit Leckerchen versorgt, duerfen bei Regenwetter nicht mehr nach draussen, bis sie von all der Tierliebe krank werden.

Auf der anderen Seite vegetieren die Schlachttiere zu Millionen hinter verschlossenen Tueren, ohne Tageslicht, degeneriert zu Fleischproduktionsmaschinen – und wir, die ach so tierliebenden Menschen, kaufen sie portioniert direkt aus dem Kuehlregal fuer kleines Geld, ohne noch irgendeinen Bezug zu ihnen zu haben.

Schoene neue Welt!

Dank an Jantie (bloggen.be)

Das tut gut!

Jantie verlinkt unseren Artikel ueber die betrifft: Pflegefall Deutscher Schaeferhund-Sendung des SWR auf bloggen.be und verweist auch bei PedigreeDatabase.com, der Stammbaum-Datenbank, auf eben diesen, unseren Artikel, dessen Anfang sie fuer die internationale Leserschaft auch noch zusaetzlich ins Englische uebersetzt hat.

Danke Jantie!

Die SWR-Sendung hat fuer hohe Wogen, vor allem in der DSH-Gemeinde gesorgt. Aber nicht nur dort, auch andere Rassezuchtverbaende werden inzwischen kritischer beleuchtet. Ich hatte ja schon geschrieben, dass meiner Meinung nach der Deutsche Schaeferhund in der betrifft-Sendung nur exemplarisch fuer alle Hunderassen steht, bei denen die Schoenheitszucht auf Kosten der Tiere betrieben wird und die Kriterien fuer den Formwert von einigen wenigen einflussreichen Funktionaeren definiert werden.

Ueberall, wo mit der Zucht von Tieren Geld gemacht wird, besteht die Gefahr, dass charakterlich wenig gefestigte Menschen sich ueber ethische Grundsaetze hinwegsetzen – mit nur einem Ziel:

Geld verdienenmachen, so viel wie moeglich!

Hochachtung habe ich vor denjenigen, die sich engagieren, Missstaende anprangern und aktiv dafuer eintreten, dass bei der Tierzucht das Wesen und die Gesundheit Prioritaet haben, so wie das Jantie macht.


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